Glück und Schicksal -

Gespräch zwischen Totila, dem König der Goten, seinem Freund Graf Teja und dem Mundschenk Adalgoth in den Gärten des Sallust.

Text aus: Ein Kampf um Rom von Felix Dahn, Königsberg 1876

"O Totila, nicht Groll, ach Wehmut ist's, mit der ich dich und deine Art betrachte. Wie uns ein Kind zu Wehmut rühren kann, das da wähnt, Sonne, Lenz und Leben währen ewig, und Winter, Nacht und Tod nicht kennt. Du vertraust dem Sieg und Glück des Freud'gen in der Welt. Ich aber höre stets den Flügelschlag des Schicksals, das, erbarmungslos und taub für Fluch, Gebet und Dank, dahinrauscht über die Scheitel der Menschen und ihre Werke." Und er blickte vor sich hin in die Nacht, als erspähe er den Schatten der heranscheinenden Zukunft.

"Ja, ja", sagte der junge Mundschenk, "ähnlich lautete ein alter Spruch, den Iffa auf dem Berge sang, er hatte ihn vom Oheim Wargs gelernt:

'Auf Glück ist und Unglück
Die Welt nicht gerichtet.
Das haben nur törig
Die Menschen erdacht.
Es will sich ein ewiger
Wille vollenden:
Ihm dient der Gehorsam,
Ihm dient auch der Trotz.'

"Aber", fragte der Jüngling nachdenklich, "wenn wir mit bester Kraft das Unvermeidliche nicht wenden mögen, warum regen wir denn überhaupt die Hände? Warum erwarten wir dann nicht im dumpfen Brüten, was da kommt? Worin ist dann der Unterschied gelegen zwischen Held und Feigling?"

"Nicht im Sieg ist er gelegen, mein Adalgoth! In der Art des Ringens und Tragens! Nicht die Gerechtigkeit entscheidet die Geschicke der Männer und Völker, sondern die Notwendigkeit. Oft schon ist der bessere Mann, das edlere Geschlecht dem Gemeineren erlegen. Wohl ist auch Edelsinn und Edelart eine Gewalt. Aber sie sind nicht immer stark genug gegen die Übermacht anderer dumpfer Gewalten. Edelsinn und Edelart und Heldentum kann immer den Untergang weihen, verherrlichen, nicht aber immer ihn wenden. Und nur das ist der letzte Trost: nicht was wir tragen, wie wir's tragen verleiht die höchste Ehre, und oft gebührt der Lorbeer nicht dem Sieger, mehr dem besiegten Helden."

Der König stützte sich nachdenklich auf sein Schwert und sah zur Erde. "Wieviel mußt du gelitten haben, Freund", sprach er dann innig, "bis du zu solch schwarzem Irrtum gelangt bist! Du hast ja deinen Gott am Himmel eingebüßt, - als wäre ich erblindet. Ich könnte nicht mehr atmen, ich könnte nicht mehr glauben an den gerechten Gott, der vom Himmelstore aus herabschaut auf die Taten der Menschen, und der die reine, gute Sache zum Siege führt."

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